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19.11.2023: Rede von Staatsministerin Ulrike Scharf anlässlich 25-jähriges Jubiläum Max-Mannheimer-Haus

Es gilt das gesprochene Wort

„Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon.“ Das ist das bekannteste Zitat von Max Mannheimer – es gehört zu den Schätzen unserer deutschen Sprache.

Meine Damen und Herren,
unsere Demokratie lebt von Menschen und Einrichtungen, die die Demokratie ständig weiterdenken und gegen ihre Feinde verteidigen. Sie lebt von Einrichtungen wie dem Max-Mannheimer-Haus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, liebe Frau Knobloch!
Sehr geehrter Herr Vizepräsident des Internationalen Dachau-Komitees! 
Sehr geehrter Herr Stiftungsvorsitzender, lieber Dr. Markus Gruber,
sehr geehrte Herren Vorstände, lieber Landrat Stefan Löwl,
lieber Oberbürgermeister Hartmann!
Sehr geehrter Herr Beauftragter, lieber Dr. Ludwig Spaenle!
Sehr geehrte Kolleginnen aus dem Bundestag und dem Bayerischen Landtag!
Sehr geehrter Herr Präsident des Bayerischen Jugendrings!
Verehrte Festgäste, meine Damen und Herren!

  • goldener Moment, als der Bayerische Landtag 1989 den Bau eines Jugendgästehauses beschließt
  • zwei Jahre später: Stiftung Jugendgästehaus Dachau wird gegründet
  • heute: Studienzentrum und internationales Jugendgästehaus – seit 25 Jahren Ort, an dem sich junge Menschen aus aller Welt mit der Zeitgeschichte auseinandersetzen.
  • Studientage, Internationale Jugendbegegnungen, Fortbildungen: Ihre Angebote der Jugendarbeit erfahren großen Zuspruch, weil sie junge Menschen interessieren.
  • Gleichzeitig tragen die Angebote dazu bei, dass junge Menschen sich für die Gesellschaft verantwortlich fühlen – dass sie sich engagieren.

Genau darin liegt der hohe Wert von Einrichtungen wie dem Max-Mannheimer-Haus. Und, meine Damen und Herren: Darin liegt auch die tiefere Bedeutung Ihrer heutigen Feier. 25 Jahre Max-Mannheimer-Haus – das ist ein viertel Jahrhundert historische Verantwortung! Herzlichen Glückwunsch zu diesem herausragenden Jubiläum! Ganz im Sinne von Max Mannheimer haben Sie einen Ort der Erinnerungsarbeit geschaffen.

Max Mannheimer: Mahner und Versöhner. Wie durch ein Wunder überlebte er den Holocaust. Bis zuletzt kämpfte er unermüdlich gegen das Vergessen. Zeitzeuge, der unaufhörlich über die Schrecken der Naziherrschaft berichtet hat – insbesondere jungen Menschen. „Ich hoffe, dass durch meinen Beitrag junge Menschen sensibel bleiben für alle Entwicklungen, die Demokratie und Menschenrechte gefährden.“, so formulierte es Max Mannheimer selbst. Und das hat er geschafft. Max Mannheimer hat demokratische Prinzipien und Werte gestärkt.

Deshalb: Zeichen der Anerkennung für sein Lebenswerk, das Haus nach seinem Tod umzubenennen: „Max-Mannheimer-Haus – Studienzentrum und Internationales Jugendgästehaus“ – was für ein würdevoller Name.

Meine Damen und Herren!
Die Zeit des Nationalsozialismus, die Geschichte der KZ-Gedenkstätte Dachau, aktuelle Entwicklungen in der Antidiskriminierungs-Pädagogik: Das sind die Themen, denen junge Menschen in diesem Haus begegnen. Diese Themen lehren uns: Demokratie ist nicht selbstverständlich, sie ist anfällig für Bedrohungen von innen und außen. Erinnerung an dunkle Kapitel der Geschichte führt uns vor Augen, welches Leid die Menschheit in der Vergangenheit ertragen musste.

  • dringender Appell, uns für Erhalt unserer Demokratie und Menschenrechte einzusetzen
  • wichtig, dass wir uns unserer Geschichte bewusst bleiben und Erinnerung an vergangene Ereignisse aufrechterhalten
  • Erinnerungskultur: Akt des Gedenkens und vor allem Akt des Lernens à Akt, der unsere demokratischen Werte sichert

Meine Damen und Herren!
Der Schutz unserer Demokratie treibt uns in diesen Tagen, Wochen und Monaten mehr denn je an:

  • 422 antisemitische Vorfälle in Bayern im vergangenen Jahr
  • seit dem 7. Oktober noch mehr Anfeindungen auf den Straßen in unserem Land
  • Recherche- und Informationsstelle RIAS Bayern: seit Terrorangriff der Hamas auf Israel sind Vorfälle von Antisemitismus im Zusammenhang mit diesem Terror exorbitant gestiegen
  • so stark, dass RIAS Bayern sie nicht in der Geschwindigkeit bearbeiten kann, in der sie gemeldet werden
  • unerträglich, dass jüdisches Leben in unserem Land bedroht wird – dass Jüdinnen und Juden Angst haben.
  • unerträglich, dass Menschen, die alle Vorteile in unserem Land genießen, unsere freiheitlichen Werte verachten.

Sie erschüttern unsere Demokratie in ihren Grundfesten. Unser Land steht am Scheideweg. Als Demokratinnen und Demokraten stehen wir mitten in der größten Herausforderung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Der Schutz unserer Demokratie erfordert unsere größten politischen und gesellschaftlichen Anstrengungen.

Wir kämpfen dafür, dass jeder Mensch bei uns in Frieden und Freiheit leben kann. In einer Zeit, in der autoritäre Strömungen und extremistische Ideologien auf dem Vormarsch sind, sind Angebote der Erinnerungskultur ein wichtiger Kompass. Er hält uns auf dem richtigen Weg. Die Erinnerungskultur macht greifbar, was passiert, wenn Menschenrechte verletzt und die Demokratie mit Füßen getreten wird.

Meine Damen und Herren!
Radikalisierung beginnt im Alltag der Menschen, mitten in ihrem Leben, in ihrer Umgebung, in ihrem Stadtteil. Prävention ist entscheidend. Vor allem ist es wichtig, junge Menschen in ihrer demokratischen Persönlichkeitsentwicklung zu stärken. Es ist grundlegend, dass es das Max-Mannheimer-Haus gibt. Deshalb unterstützen wir Stadt und Landkreis Dachau aus voller Überzeugung bei der Finanzierung dieser Bildungseinrichtung.

Liebes Team des Studienzentrums!
Sie sind das Aushängeschild dieses Hauses!

Mit Ihren Werten, Ihrer Haltung und Ihrer Verantwortungsbereitschaft prägen Sie viele junge Menschen. Dafür danke ich allen Beschäftigten: Vergelt’s Gott.

Herzlichen Dank auch an das DJH für die langjährige Übernahme der Betriebsführung.

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie uns kurz innehalten.
Aus gegebenem Anlass.
Der langjährige Vorstandsvorsitzende der Stiftung Jugendgästehaus Dachau und Amtschef im Sozialministerium, Herr Michael Höhenberger, ist vergangenen Mittwoch verstorben – im Alter von 69 Jahren. Wir denken an ihn als einen Menschen, dem das Vermächtnis von Max Mannheimer ein echtes Herzensanliegen war. Dafür ist er mit großem persönlichen Engagement eingetreten. Es war die Initiative von Michael Höhenberger, dass das Max-Mannheimer-Haus heute diesen Namen trägt. Er hat das Max-Mannheimer-Haus zu einem modernen Haus weiterentwickelt.

Lernen aus der Vergangenheit, um die Gegenwart und Zukunft besser zu machen. Diesen Grundsatz wollte Michael Höhenberger jungen Menschen an diesem Ort nahebringen. Und dafür sind wir alle ihm sehr dankbar!

Verehrte Festgäste!
Heute, zu Ihrem 25. Geburtstag, sage ich Ihnen von Herzen drei Dinge:

Meinen herzlichen Glückwunsch. Meinen herzlichen Dank.
Und meine herzliche Bitte:

  • Bleiben Sie auch die nächsten 25 Jahre so entschlossen bei der Bekämpfung von Hass, Radikalisierung und Extremismus.
  • Bleiben Sie diejenigen, die so viel Einsatz zeigen, damit unsere Demokratie in ihrer vollsten Pracht blüht.

Nur dort, wo wir die Demokratie atmen, können Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur und Überzeugung gut zusammenleben. Deshalb setzen wir alles daran, sie zu schützen.
Das bedeutet

  • noch mehr Verantwortung für Völkerverständigung und Demokratiebildung
  • und klare Sanktion gegen jede Form von Hass und Ausgrenzung.

Ich bin fest davon überzeugt: Vernunft ist stärker als Hass. Deshalb wünsche ich Ihnen für die Zukunft viele neue Impulse, mit denen wir der Vernunft zu neuer Kraft verhelfen. Die Erinnerung an die Vergangenheit ist dabei der entscheidende Schlüssel. Der Schlüssel für eine starke und lebendige Demokratie.

Für eine Zukunft, in der gilt: Bayern.Gemeinsam.Stark.